Umfangreiche Ausbildung in der technischen Hilfeleistung

Foto: Blaulichtreport Elbe- Elster (RRS)

Bad Liebenwerda. Bereits am Samstag, den 12. Juni 2021, fand in Bad Liebenwerda auf dem Gelände der Spedition Baur ein Ausbildungstag zum Thema der technischen Hilfeleistung mit Schwerpunkt nach Verkehrsunfällen statt.

Diesen Tag nutzte man um allen interessierten Kameradinnen und Kameraden die Möglichkeit zu geben an Fahrzeugen praktisch arbeiten zu können und zudem die Grundlagen der Arbeiten an Lastkraftwagen (Lkw) zu erlernen.

Training war hier auch das Stichwort, denn die kleineren Ortswehren einer Feuerwehr kommen meist relativ selten in den Genuss eine umfassende technische Hilfeleistung abarbeiten zu können. Dies ist allerdings auch gut so, je weniger Unfälle desto besser! Jedoch bedeutet dies auch, dass man jegliches Fachwissen abrufbereit halten muss, ohne die benötigte Einsatzerfahrung für solche Einsatzlagen vorhalten zu können. Genau dieses Wissen muss in Übungen immer wieder trainiert und aufgefrischt werden. Genau dafür wurde dieser Tag geplant, wenngleich es einen riesigen Planungsaufwand bedeutete. Bereits im Dezember 2019 begonnen die Planungen, damals war als Übungszeitraum noch der April 2020 angesetzt. Mehrmals mussten jedoch auch Folgetermine aufgrund der gesetzlichen Regelungen verschoben werden.

Hauptteilnehmer an diesem Übungstag war der Zug Nord der Ortsgemeinde Bad Liebenwerda, welcher sich aus den Ortswehren Thalberg, Theisa, Maasdorf und Dobra zusammensetzt. Zusätzlich nahmen auch die Ortswehren Bad Liebenwerda und Domsdorf der neu gebildeten Verbandsgemeinde teil. Auch dem Rettungsdienst des Landkreises Elbe-Elster, gab man die Möglichkeit an dieser besonderen Ausbildung teilzunehmen. Im Verlauf des Tages stellte sich die Idee den Rettungsdienst hinzuzuziehen als taktisch sehr hilfreich heraus, denn ein Auto aufzuschneiden ist eine Sache. Aber je nachdem welche Verletzungsmuster bei den Patienten vorgefunden werden können, gibt es verschiedene Ansätze, welche sich im materiellen und zeitlichen Aufwand deutlich unterscheiden. Zudem konnte an diesem Tag sehr gut der gegenseitige Platzbedarf an der Einsatzstelle aufgezeigt werden. Auch gut zu sehen waren die verschiedensten Möglichkeiten wie ein verunfalltes Fahrzeug geöffnet werden kann, denn „einfach“ alle Fenster und Türen zu entfernen und anschließend das Dach abzuschneiden sieht vielleicht imposant aus und ist bei vielen älteren Personen noch gut im Gedächtnis, aber in der heutigen Zeit kaum noch aufgrund des hohen Zeitaufwandes taktisch wertvoll. Dem gegenüber steht immer das Modell der „Goldenen Stunde des Schocks“, welches besagt, dass zwischen dem Zeitpunkt des Unfallherganges und der Einlieferung des Patienten in den Schockraum eines Krankenhauses maximal eine Stunde vergehen sollte. Dies soll eine adäquate und schnellstmögliche klinische Patientenversorgung ermöglichen.

Geübt wurde hierfür an insgesamt fünf verschiedenen Stationen.

Station Eins umfasste die PKW- Rettung. Durch den Ausbilder Alfred Noatsch wurden die Grundlagen der Arbeiten an einem verunfallten Pkw gelehrt (Stabilisierung des Fahrzeuges, Glasmanagement, Erst-/ Versorgungs- und Befreiungsöffnung). Dabei bekamen alle Kameradinnen und Kameraden die Möglichkeit mit den hydraulischen Rettungsgeräten zu arbeiten, sowie weitere Technik einzusetzen (z.B. Säbelsäge, Federkörner, Halligan-Tool…).

Foto: Blaulichtreport Elbe- Elster (DT)

An Station Zwei wurde die Sicherung des Unfallfahrzeuges thematisiert. Nicht immer findet man nach einem Verkehrsunfall Fahrzeuge vor, welche auch noch auf ihren vier Rädern stehen. Selbst wenn ein Fahrzeug noch auf seinen eigenen Rädern steht, so muss auch Dieses bestmöglich gegen weitere unkontrollierte Bewegungen sowie dem Wegrollen gesichert werden, da hierüber im späteren Verlauf auftretende Kräfte abgeleitet werden und die Insassen vor Folgeverletzungen durch die Rettung selbst geschützt werden. Es wurde gezeigt, dass Spezialausrüstung, wie zum Beispiel Abstützsysteme, zumeist Vorteile zu bieten haben, jedoch auch einfachste Mittel, welche viele Ortswehren mitführen, ausreichen um eine Grundsicherung zu erreichen (z.B. Schlauchbrücken, Arbeitsleinen, Steckleiterteile), wenn ein Pkw in der Seiten- oder Dachlage vorgefunden wird.

Station Drei widmete sich der Charakteristik und Technologie eines Lastkraftwagens (LKW). Wo befindet sich welches technische Merkmal an einem modernen Lkw? Wie funktioniert die Niveauregelung? Wo sind die Tanks für Kraftstoff oder AdBlue verbaut? Wo finde ich den Batteriekasten? Wie funktioniert die Sitz- oder Lenkradverstellung? Wie kann die Feststellbremse aktiviert werden? Auch dieses Hintergrundwissen ist nicht zu verachten, kann es doch, sofern die Funktion noch gegeben ist, bei der technischen Rettung unterstützend genutzt werden.

Foto: Blaulichtreport Elbe- Elster (RRS)

An Station Vier wurde dann in der Theorie die technische LKW-Rettung und die Ordnung des Raumes einer Einsatzstelle durchgegangen. Wie schon zuvor erwähnt, ist an einem LKW vieles anders, insbesondere größer und schwerer, und ein Unfall setzt hier oft ungeahnte Kräfte frei. Hinzu kommt das häufig auch gefährliche Stoffe transportiert werden, schon angefangen mit den möglichen Mengen an Diesel und AdBlue, welche mit den herkömmlichen Mitteln im Erstangriff zumeist nicht aufgefangen werden können. Unter diesen Umständen ist eine Rettung von verunfallten Fahrerinnen und Fahrern oft schwieriger als an einem PKW.

Auch an Station Fünf war der LKW erneut Thema. Da ein LKW höher als ein PKW ist, benötigt man für die Arbeiten in der Fahrerkabine (z.B. das Entfernen der Tür und die anschließende Rettung des Insassen) eine Arbeitsbühne, in der Fachsprache Rettungsplattform genannt. Diese gibt es in verschiedenen Varianten und Ausführungen. Das Modell, welches auf dem Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug (HLF 20/16) der Ortswehr Bad Liebenwerda verlastet ist, wurde aufgebaut und allen Kameradinnen und Kameraden erläutert.

Insgesamt nahmen 56 Kameraden und Kameradinnen in zwei Gruppen am Übungstag teil. Der Rettungsdienst des Landkreises Elbe-Elster war mit insgesamt zehn Mitarbeitern, darunter drei Auszubildenden zum Notfallsanitäter vor Ort. Genau auf diese Drei wartete noch das Highlight des Tages. Die Stationen Vier und Fünf wurden hierfür zusammengelegt und ein ausrangierter LKW stand bereit um durch eine Gruppe von Freiwilligen fachgerecht aufgeschnitten zu werden. Dies geschah unter den Augen der anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer und wurde durch den Kameraden Norman Barth fachlich kommentiert. Nachdem die ersten Arbeitsschritte an der Lkw-Kabine vollzogen wurden (wie z.B. das Sichern der Fahrerkabine, das Schneiden der Windschutzscheibe sowie das Entfernen der Fahrertür) setzte sich die Hauptorganisatorin des Tages, Katrin Breunig, in eben diese Fahrerkabine hinein. Nun konnten die drei Auszubildenden realitätsnah die medizinische Erstversorgung in der Fahrerkabine, sowie die anschließende schonende Rettung in Zusammenarbeit mit den Kameradinnen und Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr üben.

Foto: Blaulichtreport Elbe- Elster (DT)

Im Anschluss erfolgte eine Auswertung, in welcher auch Detailfragen gestellt werden konnten. Hier stellte sich auch heraus, dass „schnell“ nicht gleich „schnell“ ist. Feuerwehr und Rettungsdienst sind ohne Frage beide schnell in ihren jeweiligen Arbeiten. Wenn eine eingeklemmte Person jedoch durch die Feuerwehr befreit werden muss, so geschieht dies schnellstmöglich und hier reden wir von ca. 12 bis 15 Minuten. Je nach der genauen Lage vor Ort, kann diese Zeitangabe aber zum Teil stark abweichen. Für den Rettungsdienst ist dies jedoch schon eine quälend lange Zeit, hier definiert man schnell mit ca. 2 Minuten, wobei man dann von einer Sofortrettung sprechen muss, bei welcher der Patient auch mit bewussten Risiko auf weitere Schädigung unverzüglich aus seiner Zwangslage zu befreien ist. Dies geschieht um einen bestehenden lebensbedrohlichen Zustand adäquat versorgen zu können.

Nach den schon genannten langen Vorbereitungen, ist Übungsorganisatorin Katrin Breunig mit dem Tagesablauf sehr zufrieden gewesen. Während die teilnehmenden Kameradinnen und Kameraden nur ca. einen halben Tag vor Ort waren, mussten die Ausbilder und Organisatoren deutlich mehr Zeit aufwenden.

Die Versorgung der Lehrgangsteilnehmer übernahm ebenfalls der Zug Nord.

Katrin Breunig bedankt sich bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern für deren großes Interesse und Aufmerksamkeit, sowie den Wissensaustausch untereinander.

Ein großes Dankeschön geht auch an die Spedition Geschwister Throne und Spedition Paul Baur GmbH, welche unter anderem den ausrangierten LKW und das Übungsgelände zur Verfügung stellten. Ebenso an die Autoverwertung Lentzsch GmbH & Co. KG und das Nissan Autohaus Bad Liebenwerda GmbH.

Der stellvertretende Verbandsgemeindewehrführer Martin Neumann fügt dem noch hinzu: „Die Verbandsgemeindewehrführung und die Verwaltung bedanken sich bei den Organisatoren für die Planung und Durchführung. Auch den teilnehmenden Feuerwehrangehörigen gilt mein großer Respekt für die Mitwirkung an dieser anspruchsvollen Ausbildungseinheit. Die Führungskräfte bedanken sich ebenso bei der Verwaltung der Verbandsgemeinde Liebenwerda für die Sicherstellung der Ausbildungseinheit mit finanziellen Mitteln.“(DT/RRS/SZ)

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