Rückblick sorgt für Stille und Momente der Gänsehaut

Verbandsgemeinde Liebenwerda- Ortsgemeinde Falkenberg. „Wenn man auf das letzte Jahr zurückblickt, lassen sich in Kürze keine geeigneten Worte finden, die das Geschehen umschreiben können“ mit diesen Worten von Ortsgemeindewehrführer Sören Diecke startete die diesjährige Jahreshauptversammlung der Freiwilligen Feuerwehr in der Ortsgemeinde Falkenberg.

Im vergangenen Jahr kam es zu insgesamt 140 Alarmierungen, diese unterteilen sich in 82 Brandeinsätze, 55 Hilfeleistungen und drei Fehlalarme. Ein wesentlicher Grund für die steigenden Einsatzzahlen sei die geänderte Alarm- und Ausrückeordnung, die im letzten Jahr eingeführt wurde. So fährt die Feuerwehr Falkenberg jetzt auch zu Einsatzlagen ins Verbandsgemeindegebiet, welche früher die Wehr nicht betroffen hätten. Der Vorteil hierbei sei u. a., dass durch Einzug neuer Technik auch ein größerer Bereich optimaler bei Einsätzen führungstechnisch unterstützt werden kann.

„Das Brandgeschehen hatte es im letzten Jahr richtig in sich. Da war alles dabei, was man sich vorstellen kann.“ fügte Diecke hinzu. Der beginnende Sommer sorgte mit seiner Witterung wieder für eine extreme Trockenheit. Kleinere Waldbrände im Bereich des Windparks Rehfeld forderten die Kameradinnen und Kameraden. Mit einer schon gewissen Routine arbeiteten die Einsatzkräfte gemeinsam mit den sächsischen Kameraden diese Einsätze ab. Nur wenige Tage später, führte ein großer Waldbrand an den Rand der Verbandsgemeinde in ein Gebiet, das man bis dahin nicht einmal vom Namen kannte. Die Gohrischheide brannte.

Sören Diecke blickte in seiner Rede auf den vergangenen Sommer zurück. Was dann in der Rede folgte sorgte im Saal für eine gewisse Stille und Momente der Gänsehaut.

Foto: Rückblick 23.06.2022 Brandausbruch auf dem Truppenübungsplatz in Zeithain

„Am ersten Tag als das Feuer auf dem Truppenübungsplatz in Zeithain ausbrach, sollte an der Bahnstrecke nach Riesa mittels einer Riegelstellung ein Feuerübersprung nach Brandenburg verhindert werden. Aber in den späten Abendstunden verlor das Feuer aufgrund der Vegetation seine Kraft und breitete sich nicht weiter aus. Alles gut, dachte man….

Am nächsten Tag in den Vormittagsstunden zeigte das Feuer mit einer ungeheuren brachialen Gewalt, dass es noch nicht vorbei war. Der auffrischende Wind trieb das Feuer in Richtung Neuburxdorf und weiterer, angrenzender Dörfer. Mehrere Riegelstellungen wurden vom Feuer überlaufen und den Kameraden blieb nur die Flucht. Eine gigantische Rauchwolke sorgte dafür, dass die Feuerwehren aus dem Bereich Falkenberg und Herzberg das Gebiet zwischen Beyern und der Annaburger Heide nach einem Brand absuchten. Der Rauch wurde dort heruntergedrückt und man stand in einer Rauchwolke. Eine Gewitterfront ohne Regen, dafür mit Sturmböen änderte kurz vor Neuburxdorf- Siedlung die Richtung der Feuerfront und trieb sie in Richtung Kosilenzien und Kröbeln. Diese Dörfer waren nun im unmittelbaren Gefahrenbereich, weil eine Feuerwalze durch die Getreidefelder auf sie zulief. Eine Räumung der Dörfer erfolgte sofort und die Bewohner wurden in Sicherheit gebracht. Als Feuerwehr stand man nun vor der Frage, was machen wir jetzt, haben wir noch einen Plan?

Foto: 24.06.2022 – Das Feuer erreicht den Landkreis Elbe – Elster.

Mit Unterstützung vieler Helfer, vor allem aus der Landwirtschaft und den Kieswerken, konnte das Feuer kurz vor den Dörfern gestoppt werden. Innerhalb der Haltelinie brannte es unkontrolliert weiter. Am Abend brannte eine Fläche von 800 Hektar. In den nächsten Tagen wurden aufgrund der ausgerufenen Großschadenslage mit vielen Helfern aus Nah und Fern das Feuer nach einer Woche gelöscht.

Nur wenige Wochen später, am 25.07. fuhren wir zur Unterstützung der Herzberger Kameraden mit nach Löhsten, wo ca. 2 ha Getreidefeld und eine Strohpresse brannten. Wieder im Gerätehaus angekommen, kam der Alarm „Waldbrand groß – Windpark Rehfeld„. Naja dachte man, ist wieder Montagnachmittag und der Tag ist gelaufen. An der Einsatzstelle angekommen, beschlich einen gleich das mulmige Gefühl „Heute ist irgendetwas anders als sonst.“ Das Feuer lief über eine Freifläche, durch das hohe Gras vom Wind angefacht, mit einer Ausbreitungsgeschwindigkeit, die einem schon Angst machte. Schnell waren die ersten Riegelstellungen überlaufen und Kameraden konnten sich nur durch Flucht vor den immer größer werdenden Flammen retten. In dieser Phase riefen nicht nur wir um Hilfe, sondern auch die sächsischen Kameraden. Diese Hilfe, egal woher sie kam, braucht aber seine Zeit. Unser Plan, das Feuer auf Höhe Goreck aufzuhalten, wurde favorisiert und ein 100 Meter breites Feld sollte als Pufferzone dienen. Auch das war vergeblich. Das Feuer wurde immer größer und breitete sich mit Sprüngen von bis zu 500 weiter aus. Die Ortschaften Rehfeld und Kölsa sowie die Gärtnerei Golda gerieten trotz aller Bemühungen in unmittelbare Gefahr. Die mittlerweile eintreffenden Kräfte aus ganz Brandenburg und Sachsen griffen die Feuerfront direkt in dem Bereich an und hatten Erfolge. Der Einsatz im dichten Wald sah auch nicht ganz schlecht aus und ganz vorsichtig konnte man gegen 18:45 sagen, wir hatten die Ausbreitung auf einer Fläche von 170 Hektar gestoppt.

Aber es kam noch schlimmer…

Foto: 25.07.2022 Brandausbruch Rehfeld & erneute Ausrufung einer Großschadenslage

Auf dem Wetterradar sah man eine Gewitterfront auf uns zu ziehen, die Starkregen und Wind mitbringen sollte. Kurz vor 19:00 Uhr änderte sich alles. Die Sturmböen trafen eine 2,8 km lange Waldbrandfront mit voller Wucht, allerdings ohne einen Tropfen Regen. Ein gigantischer Feuersturm war die Folge und der Wald explodierte förmlich. Es bildete sich eine Art Tornado, der zusätzlich durch die Brandstelle zog. Und mittendrin hunderte Feuerwehrleute. Das was da geschah, lässt sich heute hier nicht beschreiben. Es gab Verletzte, die versorgt wurden und man muss es in aller Deutlichkeit sagen, Viele die um ihr Leben bangten und rannten. Die Fluchten und Beschreibungen der Einsatzkräfte machen einem heute noch Angst. Alle haben es aus dem Inferno geschafft. Das ist ein Wunder, muss man hier konstatieren.

Aber es blieb nur ein kleiner Moment zum Luftholen, denn was der Wind mit dem Feuer gemacht hatte, ist jenseits aller Vorstellungskraft. Nach nur 20 Minuten war das Feuer in Kölsa Siedlung, setzte auf seinem Weg alles in Brand und griff auf die Wohnbebauung über. In der kurzen Zeit wurde die Brandstelle um 375 Hektar größer. Die Einsatzleitung war völlig zusammengebrochen und es gab den Funkspruch „Jeder sucht sich was und fängt an“. Das haben dann auch alle gemacht. Es muss eine Art Instikt bei Feuerwehrleuten geben, denn es hat irgendwie funktioniert. In der Sauenzuchtanlage standen zwei Ställe in Vollbrand. 400 Schweine verbrannten, aber eine überschaubare Anzahl von Feuerwehrleuten schaffte das schier Unmögliche, nämlich die verbliebenen 5000 Schweine zu retten. Übrigens fragten uns Tierschützer, warum die 400 nicht gerettet wurden……

Gegen 23:00 Uhr sah man das Feuer im Bereich der Flugplatzstraße Richtung Koßdorf laufen. Da man schon viel erreicht hatte, konnte ein massiver Kräfteeinsatz das Feuer dort stoppen. Gegen 00:00 Uhr hatten wir die Ausbreitung gestoppt und nun brannten 850 Hektar mit einem Umfang von 15 Kilometer.

In der Nacht begleitete uns ein Feuerschein über dem Waldgebiet, den so noch niemand in seinem Leben gesehen hat. Wir kämpften neun gemeinsame Tage, um das Inferno unter Kontrolle zu kriegen. Die Nachlöscharbeiten beschäftigten uns noch etwa einen Monat.

Foto: Es folgte eine unbeschreibliche Welle der Solidarität und Hilfsbereitschaft aus der Bevölkerung.

Es folgte eine unbeschreibliche Welle der Solidarität und Hilfsbereitschaft von verschiedenen Hilfsorganisationen, der Bundeswehr, Privatleuten, Betrieben und vielen Anderen mehr. Ich kann es einfach nicht in Worte fassen, was geschah. Wir waren und sind heute noch überwältigt und dankbar.“

Am Ende des Jahres 2022 gab es dann doch noch eine erfreuliche Nachricht für die Ortswehr Falkenberg. Im Dezember konnte endlich das Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug (HLF 20) den lang ersehnten Stempel auf dem Abnahmeprotokoll der Landesfeuerwehrschule und Technischen Einrichtung (LSTE) erhalten. Damit ging ein bürokratischer Kampf zu Ende, den Außenstehende weder verstehen, noch nachvollziehen können. Aber dies sollte am Abend nicht thematisiert werden.

Sören Diecke möchte sich an dieser Stelle noch einmal bedanken, dass wir auch im letzten, sicher schwierigsten Jahr seit Langem, gemeinsam alle Einsätze bewältigen, regelmäßige Ausbildungen absolvieren und auch die eine oder andere gemütliche Stunde miteinander verbringen konnten. „Ich kann euch versichern, dass wir als Wehrführung unendlich stolz auf euch sind.“ fügte er am Ende hinzu. (SV) 

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